„Yin & Yang“ statt „Naiv vs. Brutal“
Leadership zwischen Rückfall und Resignation
Frust in den Führungsetagen: Da hatten wir mit viel Mühe endlich das Führungsbild von überholten patriarchalischen und autoritären Relikten befreit.
Und dann kommt Putin und überrollt das delikate Wertegerüst unseres Führungsideals ohne mit der Wimper zu zucken mit schwerem Gerät.
Die vermeintlich klare Wertung „guter“ Führungsqualität schwankt plötzlich zwischen Hilflosigkeit, Naivität, Entschlossenheit und Wunsch nach martialischer Stärke.
Nicht nur die Regierungen der Welt müssen jetzt zügig eine angemessene Antwort finden. Für uns alle, die wir Unternehmen und Menschen führen, stellt sich angesichts dieser Verunsicherung die Frage: Haben wir es uns womöglich zu lange zu bequem gemacht, im „kuscheligen“ Feld von Führung? Und wie können wir jetzt angemessen, wie können wir vor allem wirksam und besonnen reagieren, ohne unser Wertegerüst zu verraten?
Wohlgemerkt: Die völlige Neuausrichtung des Führungsbilds in unserer Gesellschaft war dringend erforderlich und ihre Resultate sind wichtig und großartig: Leadership führt heute ethisch, transformationell und kooperativ, engagiert sich für Diversität, Agilität und Selbstverwirklichung, stellt Purpose, Umweltschutz, Gleichberechtigung ins Zentrum des Handelns.
Weil diese Art von Führung unsere Welt tatsächlich besser macht, haben wir intensiv in die Aufgabe investiert, die damit verbundenen Spielregeln zur Plattform unserer Unternehmen und zum vorrangigen Maßstab für Leadership zu machen. Und dabei haben wir die Werkzeuge für den Umgang mit jenen vergessen, die ganz andere Ziele verfolgen und ihre Interessen nach ganz eigenen Regeln durchsetzen. Die brutale Seite von Leadership, die dunkle Seite der Macht, hatten wir für überwunden, den Umgang mit ihr unnötig gewähnt. Jetzt dämmert uns die Erkenntnis: Sie war nie wirklich weg! Selten zeigt sie sich so blutig und gewaltsam wie im Ukrainekrieg. Doch Hand aufs Herz, wenn es um unser persönliches Stehenbleiben, um unseren organisatorischen Widerstand und Kampf gegen Machtmissbrauch und Manipulation geht: Wie viele Projekte sind schon durch Softwashing, Intrigantentum, Betrug oder Aussitzen gescheitert – alles weniger brutale aber nicht weniger tödliche Formen von dunkler Macht?
Wie also geht Leadership, wenn ein Feind in unser Terrain einfällt, der auf unsere Aufrichtigkeit und gewaltfreie Kommunikation mit tatsächlichen oder manipulativen Panzerfäusten reagiert? Fällt uns dann etwas anderes ein, als fromme Sprüche oder Vergeltung? Was fasziniert uns an der Qualität des ukrainischen Präsidenten? Wie können wir dieser Qualität helfen, was können wir von ihr lernen und was sollten wir bei aller Emotion jetzt vermeiden?
Auf diese Fragen gibt es leider keine einfache Antwort.
Leadership ist einmal mehr keine Frage von weiß oder schwarz. Wer jetzt vorschnell aufruft zur Blut- und Tränen-Führung, läuft Gefahr, die auf Respekt, Gleichberechtigung und Demokratie basierenden, großartigen Leadership-Errungenschaften zu verraten. Zurück ist keine Option! Das Führungsbild vom General, der Marschrichtung, Bewaffnung und Ziel per Order vorgibt und bedingungslosen Gehorsam verlangt, hat ausgedient.
Physischer und manipulativer Gewalteinwirkung kann man umgekehrt aber auch nicht immer mit Metaplankärtchen und Diagrammen begegnen. Wer sich wehrt, kann verlieren. Doch wer sich nicht wehrt, hat schon verloren.
Wie geht diese Balance? Und warum wissen wir so wenig darüber? Warum fehlen uns spontan brauchbare Reaktionsmuster für unser Handeln in solchen Situationen?
Wahre Leadership ist immer Yin UND Yang – friedvoll für Konsens UND wehrhaft gegen Gewalt, verwurzelt in Werten UND frei zum Aufbruch. Diese Balance, dieses Re-Purposing von Leadership wird jetzt dringend gebraucht.
Mit der neuen Re-Purposing Leadership Teamschmiede unterstützen wir Führungsteams dabei. Jenseits von Schnickschnack. Jenseits von Softwashing. Jenseits der Rückkehr in alte Muster.